Familien stehen derzeit vor vielfältigen Herausforderungen. Die Beschränkungen des öffentlichen Lebens durch Corona (COVID-19) dringen stark in das Privatleben der Menschen ein und verändern unsere bekannten Abläufe. Gerade für Familien mit schulpflichtigen Kindern kann sich daraus oft eine Belastungserprobung für das gemeinsame Leben ergeben - plötzlich sind die Kinder den ganzen Tag zuhause, werden manchmal mit Schulaufgaben überflutet und stehen alleine vor einem Berg von Anforderungen. Zum Glück gibt es viele Lehrer, die auch in Corona-Zeiten per Video, Telefon, Chat oder E-Mail ihren Schülerinnen und Schülern zur Seite stehen.
Selten kann diese Form des Lernens die direkte und persönliche Beziehung zwischen Schüler und Lehrer ersetzen. Damit werden dann häufig die Eltern zum "Co-Lehrer". Hat das Kind dann noch
zusätzlich Lern- und Leistungsschwierigkeiten oder ein ADS/ ADHS können Familien schnell an ihre Belastungsgrenzen kommen.
Hier einige Anzeichen für Belastungen bei home-schooling:
- Hat ihr Kind schon vor Corona wenig oder keine Lust auf Hausaufgaben gehabt?
- Gibt es immer wieder Diskussionen um den Beginn der Hausaufgaben oder während dessen?
- Bleibt ihr Kind nicht lange bei der Sache, steht häufig auf, unterbricht die Aufgabe?
- Gibt es Streit vor oder während der Hausaufgaben?
- Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Kind belastet ist, z.B. weil es weint, wütend wird oder sich zurückzieht?
- Achten Sie auch auf Ihr Gefühl! Freuen Sie sich nicht mehr auf die gemeinsame Zeit mit ihrem Kind? Haben Sie bereits vor den Hausaufgaben eine negative Erwartung?
Bei Belastungen sollten Sie offen mit Ihrem Kind sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Hier sind einige Empfehlungen, die von Familien als hilfreich erlebt wurden:
- Schauen Sie freundlich auf ihr Kind. Selten will es Sie ärgern, wenn es seine Hausaufgaben nicht machen möchte - auch wenn es Ihnen überwiegend so erscheinen mag.
- Machen Sie Ihrem Kind freundlich klar, dass keine Ferien sind. Feste Schlafens- und Aufstehzeiten sind weiterhin wichtig für die psychische Gesundheit Ihres Kindes!
- Schaffen Sie feste Tageszeiten und Rituale für Sich und Ihr Kind. Eine klare Tagesstruktur gibt Sicherheit und Orientierung - und reduziert das Diskutieren! Fester Bestandteil sollte sein: Schlafen und Aufstehen, Mahlzeiten, altersangemessene Lernzeiten mit Pausen, Zeit zum alleine sein für ihr Kind und Zeit in der Familie (z.B. für gemeinsame Spiele, Ausflüge o.a.).
- Begrenzung Sie auch weiterhin die Medienzeit, so wie Sie es in der Schulzeit üblicherweise machen!
- Kündigen Sie die Lernzeit ca. 20 Min. vorher an. So kann Ihr Kind das Spiel oder die Aktivität, die es gerade begonnen hat, beenden.
Hierauf können Sie während der Hausaufgabenzeit achten:
- Achten Sie auf eine ruhige, reizarme Umgebung. Läuft der Fernseher? Brüllt die Waschmaschine? Kommt das Geschwisterkind immer wieder und unterbricht die Abläufe? Je weniger Ablenkung vorhanden ist, desto besser kann Ihr Kind sich wahrscheinlich konzentrieren: Nebenbei: Dazu gehört auch ein ordentlich aufgeräumter Schreibtisch.
- bei jüngeren Kindern - bleiben Sie nach Möglichkeit dabei und zeigen Sie freundliche elterliche Präsenz!
- Loben, Loben, Loben. Sobald ein Kind etwas gemacht hat, was eine Annäherung an das Hauptziel darstellt, loben Sie Ihr Kind mit freundlichen Worten und ehrlichem Stolz und Freude über seine Leistung!
- Kritik - ja auch, aber sachlich und wohl dosiert. Bitte nicht das Kind abwerten oder global kritisieren ("Wieso stellst du dich so an?") sondern das Problemverhalten konkret ansprechen ("Ich weiß, dass du jetzt lieber spielen möchtest, aber es ist wichtig, dass wir die Aufgabe noch zu Ende machen. Danach kannst du spielen").
- Zeigen Sie Geduld, wenn Ihr Kind nicht gleicht etwas versteht und versuchen Sie durch gezieltes Fragen oder Hinweisen Ihr Kind auf den richtigen Lösungsweg zu führen.
- Vermitteln Sie Ihrem Kind gute Lerntechniken, die Ihnen auch geholfen haben. Z.B. wichtige Wörter im Text zu unterstreichen oder herauszuschreiben.
- Belohnungen sind auch möglich (Wer will schon ohne Belohnung arbeiten gehen?): Belohnen Sie die Anstrengung, nicht das Ergebnis. Wenn Ihr Kind eine Zeitlang durchgehalten hat, dann schenken Sie ihm einen Smily, ein Stempel o.ä. auf einem Stempelblatt. Diesen Token kann es dann am Ende der Zeit in etwas umsetzen, z.B. ein gemeinsames Spiel oder in Medienzeit.
Und nach der Hausaufgaben-Zeit?
Die Anstrengung des Tages ist für Ihr Kind geschafft. Freuen Sie sich auf eine gemeinsame, entspannte Zeit. Vielleicht hat Ihr Kind ja Lust auch Ihnen bei Ihrer Hausarbeit zu helfen?
Wir wüschen allen Eltern weiterhin viel Kraft und Durchhaltevermögen - und vor allem: bleiben Sie gesund!
Thomas Buchholz & Nathalie Treis